C wie Charisma

Jetzt hat auch die Geschäftsführung erkannt, das dieses Projekt Ende des Monats zu Ende geht. Und eine Verlängerung keinesfalls durch ist. Es geht ja auch um die Summe von 50 bis 70 Millionen Euro.

So sitzen in den Projektmeetings neuerdings ein Abteilungsleiter (der nie grüsst… beim aneinander vorbeigehen auf dem Flur) und Dimitri, sein Mann für´s Grobe.

Cheffe muss jetzt viele Fragen beantworten, sehr viele Fragen, die alle schon beantwortet waren. Es ist immer die gleiche Geschichte. Auf der einen Seite die jungen, unerfahrenen Kämpfer, die Karriere machen wollen, und sich an Prozess- und Projektmanagement-Systemen festhalten, mit diesem rein theoretischen Wissen protzen und Fremdwörter in die Runde werfen. Auf der anderen Seite der erfahrene Projektleiter, durch wer weiss wie viele Meeting-Schlachten gegangen, lebende, anfassbare Kompetenz, der sich um nichts schert, der nichts nötig hat, immer zu spät zu Meetings kommt, dessen Handy wohl an die 100 x am Tag klingelt.

Cheffe (dieses Mal etwa 20 Minuten zu spät im Meeting erscheinend): „Dann fangen wir mal an.“ Abteilungsleiter ohne Gruss: „Ja. Wir sind schliesslich jetzt auch vollständig.“ Eisige Stille. Keiner lacht, keiner grinst.

Die Sympathien sind eindeutig. Der letzte Anarchist – so wird er liebevoll hinter vorgehaltener Hand genannt – strahlt Authentizität aus. Auch so etwas wie liebevolle Fürsorge.

Das lernt man an keiner Uni.

Charisma pur.

Aus den Aufzeichnungen “Das Buch vom Business – wie Du erfolgreich bist, ohne ein Arschloch zu sein”

O wie Outsourcing

Ich arbeitete in Düsseldorf bei dem Konzern, der damals als das modernste Unternehmen der Welt galt. Klar, Amerikaner, die eine erfolgreiche deutsche Firma gekauft hatten. Und die musste umgekrempelt werden. Dafür kam er. Ein kleiner dicker Mann indischer Abstammung, der über die Flure wanderte und die Leute ausfragte. Da er kein Deutsch konnte, alles auf Englisch. War sehr schwer ihm zuzuhören, denn er stotterte. Downsizing und Outsourcing waren seine Botschaft. Seine Opfer sollten die 40 Leute in der IT-Abteilung werden, deren Chef gerade dabei war, sich von einer Chemotherapie zu erholen und noch ziemlich wackelig auf den Beinen war. Das erste Statement, was der Kollege setzte, war aber erst einmal die Entlassung der älteren Dame, die zur Aufbesserung ihrer Rente den Kopierer bediente. Er hatte herausgefunden, das Kopien beim Copy-Shop um die Ecke billiger wären.

So geht also Outsourcing.

Die nächste Idee war, die IT-Abteilung in vier Bereiche zu gliedern, die jeweils von einer Fachkraft besetzt werden würde, darüber der bisherige IT-Leiter (der immer noch sehr  wackelig war). Nun kommt´s… ohne die 40 bisherigen Mitarbeiter. Das wäre also pures Downsizing. Und jeder der vier würde mit externen Firmen statt der 40 zusammenarbeiten. Also mit Outsourcing dabei.

Das war der Punkt – ich hätte einer dieser 4 Musketiere sein sollen – wo ich zum Personalleiter bestellt wurde und er mir das mit den Stoikern* erklärte.

Ich war nämlich ganz und gar nicht einverstanden mit diesem Prozess. Gut, das die Tür vom IT-Leiter gepolstert war, denn es wurde laut in seinem Büro, sehr laut.

 

* Stoisch bedeutet allgemein „gleichmütig“, „unerschütterlich“. Es beschreibt Menschen, die sich durch nichts aus der Ruhe bringen lassen, stets beherrscht und weitestgehend frei von emotionalen Schwankungen sind.

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

Ganz einfach

Ich muss Dich mal dringend sprechen…. kann man das lernen, Terminplaner? Das wäre was für mich, das kann ich auch. Zeig mir doch mal ein bisschen Primavera, ich kann ganz gut Excel, das kriege ich hin. Und Du hast doch so viele Kontakte, ich kann dann ja von zu Hause arbeiten und Du besorgst die Aufträge.

 

 

 

Aus den Aufzeichnungen „Big Bossi has left the building“

Neulich an der Haustür

Es muss im Januar gewesen sein, jedenfalls war es draußen noch dunkel, da wachte ich durch ein Dauerklingeln an der Haustür auf. Ich schaute nach rechts, meine Begleiterin, die auch Karate kann, schlief friedlich. Das war wohl ein stürmischer Traum, dachte ich beim Aufstehen und da wieder… Klingeln ohne Unterbrechung. Ich schaute aus dem Fenster, war etwas mit meinem Auto?, nein, der Freund stand friedlich vor sich hin. An der Haustür war der Bewegungsmelder an. Kurz entschlossen riss ich die Tür auf: Vor mir stand ein reichlich zerlumpter Mann, in der rechten Hand hielt er ein Bild, auf das er mit lauten und nicht verständlichen Worten zeigte, es sah ein wenig aus wie ein Marienbildchen. Radebrechend kam er auf mich zu und ich zeigte ihm ein auf der ganzen Welt verständliches Zeichen, ich tippte an meine Stirn und knallte die Tür zu. Weg war er.

Heute glaubt mir das niemand mehr. Sie sagen, ich hätte geträumt.

Wenn er nicht will

Wenn er nicht will, geht gar nichts. Der Guru hat keine Lust, keine Zeit, keinen Spass.
Also keine Informationen. Kein Update des Terminplans auf den neuesten Stand. Was bedeutet das? Nichts. Nur warten. Du musst warten können, mein Freund. Eine Stunde, 3 Stunden, 1 Tag, 2 Tage. Wenn Du das nicht kannst, hast Du verloren.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Pokern

Im Projektalltag ist es üblich, den Status von Vorgängen mit Farben zu kennzeichnen. Grün für alles bestens, gelb für Achtung, hier ist Gefahr in Verzug und rot, dann
wenn die Gefahr da ist. Diese Farbkennzeichnungen werden sehr ernst genommen. Wenn ein Vorgang dann tatsächlich als rot vorgestellt wird, zum Beispiel in einem Projekt-Meeting, dann wird es ernst, dann heben sich die Köpfe aller Anwesenden und schauen ohne Lächeln auf die Anzeige des Beamers. Und hier gilt es dann sehr gute Gründe zu haben, einen Vorgang als rot zu erklären. Sollte der darauf folgende Vortrag dafür nicht ausreichen, kann sich derjenige es kaum leisten, ein zweites Mal mit einem roten Vorgang vorzupreschen. Als zu leicht befunden, gilt er dann als ein Pokerspieler, der gezockt hat, der versucht hat, ohne etwas in der Hand zu haben, das Spiel zu machen und schließlich beim Aufdecken der Karten entlarvt wird. Er wird keine zweite Chance bekommen.