Die Lösung heisst Addis Abeba

Condor-Schalter am Flughafen Frankfurt.  Wir haben reichlich Zeit. Es ist der Samstag-Nachtflug nach Kapstadt, wir sind online eingecheckt. Der Condor-Mann blättert durch die Reisepässe, legt zwei zur Seite. „Die Geburtsurkunden bitte!“ Er schaut mich ziemlich gerade an. Ich verstehe nicht: „Was meinen sie mit Geburtsurkunden?“ Die Antwort kommt präzise und ohne Zögern: „Minderjährige brauchen bei der Einreise nach Südafrika Geburtsurkunden und notariell beglaubigte Schreiben des zweiten Elternteils wenn nur eins mitfliegt“. Der Mann schaute nun auf 7 offene Münder. Das war ein Treffer. Nein zwei. Denn das betraf uns eindeutig. Von unserer 7-köpfigen Patchwork-Gruppe waren die Kundschafter erst 17 und 16 Jahre alt und meine Begleiterin – die auch Karate kann – und ich reisten als jeweil Mutter und Vater der Beiden ohne unsere ehemaligen Ehepartner.

Das Entsetzen stieg. Sollten wir jetzt gar nicht fliegen? Oder etwa ohne unsere Jüngsten?
Wir: „Was machen wir denn jetzt?“
Condor-Mann: „Besorgen Sie die Urkunden, der nächste Flieger nach Kapstadt geht am Dienstag!“
Das war eine Ansage.

Ich beendete diese – ähm – Diskussion und entschied, das wir erst einmal Essen gehen, denn im IC von Hannover nach Frankfurt war kein Speisewagen und mir knurrte der Magen und alle waren hungrig und jetzt auch noch ziemlich durcheinander.
Ziemlich.

Das Nasi-Goreng war perfekt.
Ich klappte mein Ipad auf und schaute in die Runde:
„Was sind die Fakten, Ihr Lieben?“

Das nun folgende Brainstorming war klasse. Und wir kamen zu einer Lösung. Unsere Minderjährigen sollten nun über Addis Abeba nach Windhuk / Namibia fliegen, dort würden sie von meinem Bruder und seinen Söhnen abgeholt und wären damit schon mal im südlichen Afrika. Der Rest fliegt wie geplant nach Kapstadt.

Das ganze Lösungspaket wurde mit Gesprächen bei der Lufthansa untermauert, wo wir eine mehr als hilfsbereite und professionelle Unterstützung bekamen. Und los ging es nach Afrika.

Beim Boarding war wieder der Condor-Mann. Dieses Mal umgekehrt, ER schaute entsetzt: „Fliegen Sie doch?“ Ich schaute grimmig und grinste innerlich: „Ja. Ohne Kinder!“

Kurz vorm Einschlafen, was in der Holzklasse einer Boeing 767 ziemlich schwierig ist, dachte ich noch an die Beiden.… sie waren nun auf dem Weg nach Addis Abeba. Allein. Was alles möglich ist… ein 16 und ein 17 Jahre alter Jugendlicher fliegen ohne erwachsene Begleitung nach Addis Abeba und dann weiter nach Windhuk aber dürfen ohne Geburtsurkunde nicht nach Südafrika einreisen.

Als wir am nächsten Morgen durch die übrigens sehr zügig arbeitende Passkontrolle in Kapstadt gingen, hörten wir am Nebenschalter, wo eine deutsche Familie mit Kleinkind stand: „Your certificate of birth is in german – I need an english document!“

Das Model aus Maltahöhe

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Nach den Zwischenfällen in Frankfurt und Kapstadt war die Gruppe wieder komplett.
Die Kundschafter konnten den Umweg über Addis Abeba nehmen und gemeinsam hatten wir Mount Valley besucht.

Konzentriert steuerte ich den H1 über die lausige Piste. Nach den Regenfällen der letzten Tage war der Sand wie Seife und der Wagen schlingerte über den schmalen Pfad.
Fast eine Stunde brauchten wir bis zur C14, die dann hauptsächlich aus Wellblech und vielen Steinchen bestand.

Ich gab etwas Gas als ich ein leichtes Rütteln im Lenkrad spürte.
Ich wusste sofort, das es der linke Hinterreifen war. Platt.
Mit 7 Leuten im Team ist das kein Problem, Wagenheber raus, Koffer an die Seite, Ersatzreifen abgeschraubt.
Wir hatten am Flughafen den Wagen genau geprüft, alles da.

Und weiter. Keine halbe Stunde später gab es hinten rechts Probleme… im Rückspiegel sah ich einen Reifen über die Strasse fliegen, es stank nach Gummi und ich konnte den Wagen nur mit der Handbremse stoppen.

Da standen wir also. Der Hyundai hinten rechts leicht abgebogen auf der Felge. Kein zweiter Ersatzreifen. Natürlich nicht. Mindestens 40 Grad Hitze. Mitten in Namibia. Und am Horizont Maltahöhe, ein 2000-Seelen-Ort mit einer Tankstelle.

Einer Tankstelle!

War das die Lösung? Zu Fuss nach Maltahöhe? Immerhin konnten wir die Häuser hinten in der flirrenden Sonne sehen.

Der Jeep kam mit hoher Geschwindigkeit, einer riesigen Staubwolke hinter sich, bremste und hielt neben uns. 4 Gestalten sprangen heraus, die sich ohne uns zu beachten oder irgendetwas zu sagen vor dem rechten Hinterrad aufstellten. In lebhaftem Afrikaans gestikulierte eine kleine dürre Burin vor zwei dunkelhäutigen Männern und einer wohl 2 Meter grossen Blondine, die uns alle überragte. Sie hatte Beine ohne Ende, war schlank wie eine Elfe und sagte keinen Ton. War sie echt? Was tat sie hier, in der Kalahari? Und warum war sie überhaupt da und nicht in Paris bei Karl Lagerfeld?

Sie sprach immer noch nicht. Und packte mit den zwei Männern die Reste unserer Reifen auf die Laderampe des Jeeps und zwei Stunden später konnten wir weiter fahren.

Die Kundschafter träumen noch heute von dem Engel, der in Maltahöhe Reifen repariert.

 

Fortsetzung folgt

Der Alleskönner

Ich lernte ihn in einem Urlaub auf – ich glaube es war auf Fuerteventura – kennen. Damals saß er jeden Morgen beim Frühstück auf dem einzigen in der Sonne liegenden Platz. Und dies jeden Morgen. Also ich konnte kommen wann ich wollte, er war schon da.

Abends in der Disco tanzte er dermaßen perfekt den Moonwalk im Stil von Michael Jackson, das alle das Tanzen aufhörten. Und ihm zuschauten.

Er besuchte mich dann und wir gingen über die Kirmes in Düsseldorf. Bei „Hau den Lukas“ blieb er stehen und knallte den Lukas scheppernd bis zum Anschlag. Ich kam nicht annähernd so weit.

Am Abend sah er mein Saxophon und fragte, ob ich spielen könne. Nun, ich hatte gerade angefangen, Unterricht zu nehmen und spielte ihm stolz die Tonleiter vor. Er grinste, nahm das Instrument und spielte kerzengerade das Solo von „A walk on the wild side“.

Ich blieb dann erst mal ein wenig aus seiner Reichweite. Aber ein paar Wochen später bekam ich eine E-Mail: Ein Auftrag. Ein gigantischer Auftrag. Ich sollte eine große Firma mit gelbem Logo aus Bonn schulen. Die Unternehmensberatung, für die er arbeitete (die mit dem M am Anfang) war dort tätig und veränderte gerade einiges.

Ich gab auf.

Er konnte einfach alles.

 

Aus den Aufzeichnungen „Wär´ ich doch in Düsseldorf geblieben“

C wie Charisma

Jetzt hat auch die Geschäftsführung erkannt, das dieses Projekt Ende des Monats zu Ende geht. Und eine Verlängerung keinesfalls durch ist. Es geht ja auch um die Summe von 50 bis 70 Millionen Euro.

So sitzen in den Projektmeetings neuerdings ein Abteilungsleiter (der nie grüsst… beim aneinander vorbeigehen auf dem Flur) und Dimitri, sein Mann für´s Grobe.

Cheffe muss jetzt viele Fragen beantworten, sehr viele Fragen, die alle schon beantwortet waren. Es ist immer die gleiche Geschichte. Auf der einen Seite die jungen, unerfahrenen Kämpfer, die Karriere machen wollen, und sich an Prozess- und Projektmanagement-Systemen festhalten, mit diesem rein theoretischen Wissen protzen und Fremdwörter in die Runde werfen. Auf der anderen Seite der erfahrene Projektleiter, durch wer weiss wie viele Meeting-Schlachten gegangen, lebende, anfassbare Kompetenz, der sich um nichts schert, der nichts nötig hat, immer zu spät zu Meetings kommt, dessen Handy wohl an die 100 x am Tag klingelt.

Cheffe (dieses Mal etwa 20 Minuten zu spät im Meeting erscheinend): „Dann fangen wir mal an.“ Abteilungsleiter ohne Gruss: „Ja. Wir sind schliesslich jetzt auch vollständig.“ Eisige Stille. Keiner lacht, keiner grinst.

Die Sympathien sind eindeutig. Der letzte Anarchist – so wird er liebevoll hinter vorgehaltener Hand genannt – strahlt Authentizität aus. Auch so etwas wie liebevolle Fürsorge.

Das lernt man an keiner Uni.

Charisma pur.

Aus den Aufzeichnungen “Das Buch vom Business – wie Du erfolgreich bist, ohne ein Arschloch zu sein”

Wie wir einschlafen können

Probleme beim Einschlafen?

Im Internet entdeckte ich eine Methode, die der amerikanische Mediziner Dr. Andrew Weil seit Jahren propagiert. Er nennt sie die 4/7/8-Technik. Sie dauert weniger als eine Minute und geht ganz einfach:

1.) Durch die Nase einatmen und bis 4 zählen
2.) Den Atem anhalten und bis 7 zählen
3.) Durch den Mund ausatmen und bis 8 zählen

 

Beim Ausatmen die Zungenspitze hinter die oberen Schneidezähne an den Gaumen legen, so dass die Luft rechts und links von der Zunge mit einem leichten Zischen entweicht. Dabei die Lippen wie zum Küssen spitzen.
Das Ganze 4 mal wiederholen.
Diese Technik kann im Liegen, Sitzen oder Stehen ausgeführt werden. Daher eignet sie sich auch bestens für alltägliche Situationen wie Nervosität, Ärger, Stress, Flugangst, Bluthochdruck, Panikattacken.

Die Methode orientiert sich an der Yoga-Lehre. Erst senkt sich der Puls, dann folgt die Entspannung.

Funktioniert.

(Aus den Aufzeichnungen „Wir müssen üben, üben, üben!“)

O wie Outsourcing

Ich arbeitete in Düsseldorf bei dem Konzern, der damals als das modernste Unternehmen der Welt galt. Klar, Amerikaner, die eine erfolgreiche deutsche Firma gekauft hatten. Und die musste umgekrempelt werden. Dafür kam er. Ein kleiner dicker Mann indischer Abstammung, der über die Flure wanderte und die Leute ausfragte. Da er kein Deutsch konnte, alles auf Englisch. War sehr schwer ihm zuzuhören, denn er stotterte. Downsizing und Outsourcing waren seine Botschaft. Seine Opfer sollten die 40 Leute in der IT-Abteilung werden, deren Chef gerade dabei war, sich von einer Chemotherapie zu erholen und noch ziemlich wackelig auf den Beinen war. Das erste Statement, was der Kollege setzte, war aber erst einmal die Entlassung der älteren Dame, die zur Aufbesserung ihrer Rente den Kopierer bediente. Er hatte herausgefunden, das Kopien beim Copy-Shop um die Ecke billiger wären.

So geht also Outsourcing.

Die nächste Idee war, die IT-Abteilung in vier Bereiche zu gliedern, die jeweils von einer Fachkraft besetzt werden würde, darüber der bisherige IT-Leiter (der immer noch sehr  wackelig war). Nun kommt´s… ohne die 40 bisherigen Mitarbeiter. Das wäre also pures Downsizing. Und jeder der vier würde mit externen Firmen statt der 40 zusammenarbeiten. Also mit Outsourcing dabei.

Das war der Punkt – ich hätte einer dieser 4 Musketiere sein sollen – wo ich zum Personalleiter bestellt wurde und er mir das mit den Stoikern* erklärte.

Ich war nämlich ganz und gar nicht einverstanden mit diesem Prozess. Gut, das die Tür vom IT-Leiter gepolstert war, denn es wurde laut in seinem Büro, sehr laut.

 

* Stoisch bedeutet allgemein „gleichmütig“, „unerschütterlich“. Es beschreibt Menschen, die sich durch nichts aus der Ruhe bringen lassen, stets beherrscht und weitestgehend frei von emotionalen Schwankungen sind.

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 

Sonntagmorgen (aus einem anderen Leben)

 

 

 

 

 

Das ist sie wohl, die Leichtigkeit des Seins, ein Sonntag mitten in der Natur, Ruhe, Frieden. Nur das Rascheln der Sonntagszeitung ist zu hören, die ich übrigens selber holen musste, weil der Zusteller, den ich vor einigen Wochen entdeckt hatte, schon wieder aufgegeben hat: Es war ihm zu weit.

Und da weht etwas leise herüber….

“Sunday morning
brings the dawn in
it´s just a restless feeling
by my side
early dawning
sunday morning
it´s all the wasted years
so close behind
watch out the worlds behind you…..”

[“Sunday morning” / Andy Warhol und Velvet Underground – das Album mit der Banane]