Multi-Kulti-Meeting

Meeting um 13:00. Der Kollege Terminplaner vom Kunden hat eingeladen. Zu meiner Qual moderiert er das Meeting. Er kommt von einer Unternehmensberatung und die sind bekannt für ihre Liebe zu Methoden und Prinzipien. Die dann am wahren Leben abprallen, so wie hier und heute: Drei Italiener dominieren lebendig und munter die Diskussionen, ein Franzose mischt sich ab und an ein, dazu ein schläfriger Belgier, ein grinsender Holländer sowie zwei stille Japaner. So ein Meeting endet wie es enden muss: Im Chaos eines deutsch-italienisch-französisch-belgisch-holländisch-japanischen Englisch. Und der Kollege Terminplaner möchte am liebsten in die Tischplatte beißen.

Ich habe ihn nicht getröstet.

Appetit auf Männer

Die Meetings waren vorbei und Doc, Catman und ich
sassen in der Kantine zum Mittagessen. Es war schon
spät und wir waren nahezu die letzten Gäste.

Sie fiel mir auch sofort auf. Zögernd kam sie an unseren
Tisch, setzte sich auf den noch freien Stuhl und sagte:
„Was habe ich für einen Appetit auf einen Mann.“

Catman schaute erst die Frau, dann mich und schliesslich
den Doc an. Sein Mund war eindeutig offen und für einen
langen Moment war es still. Plötzlich sprach Doc: „Dafür
ist er zuständig.“ Sein Finger zeigte unmissverständlich
auf mich.

Die Frau, sie mochte Anfang 30 sein, lange dunkle Haare,
grosse Augen, wandte sich mir zu und fing an zu reden,
und zwar ohne Pause. In einem intensiven österreichisch.
Sie holte Bilder aus der Tasche, steckte sie wieder ein,
gestikulierte. An und für sich verstand ich gar nichts.

Das ging so eine Weile. Doc stand dann auf und sagte:
„Auf Wiedersehen.“ Wir verliessen die Kantine.

Etwas nachdenklich fuhr ich am Abend aus der Stadt,
im Radio die lokalen Nachrichten: Am späten nachmittag
griff eine offenbar geistesgestörte Frau mit einer Axt
den Mitarbeiter eines Baumarktes in der Innenstadt
an. Sie konnte überwältigt werden.

Moby Dick

Noch ist das Besprechungszimmer leer, doch der erste kommt, der zweite, dann drei Mann zusammen. Wie Möwen, die anfangen zu flattern, immer mehr. Bevor der Wal bläst und aufsteigt. Aufregung, grosse Aufregung.
Doch Moby Dick kommt heute nicht. Und er sagt auch nicht ab.

Aus den Aufzeichnungen „Big Bossi has left the building“

Kriegsrat

Es wird festgestellt, dass wir an die Wand gedrückt werden. Vom Auftraggeber, vom Konsortialpartner, ja selbst vom Sub-Unternehmer. Was ist zu tun? Vorschläge von links, von rechts. Der Geschäftsführer, seine Augen glänzen, glitzern wie Tränensterne, ist unzufrieden.
„Haben wir noch die richtigen Mitarbeiter?“, sein Blick wandert durch die Runde.

 

 

Aus den Aufzeichnungen „Big Bossi has left the building“

 

 

Pädagogische Konsequenzen oder Business kann so einfach sein

Der Terminplan wird nicht fertig. Der Konsortialpartner braucht länger als vor Wochen versprochen , zwei der Sub-Unternehmer haben noch gar keinen Plan abgegeben, Stillstand.
Die Diskussionen werden laut und heftig, das Schulterklopfen ist vorbei. Die Projektleiterin des Auftraggebers verlässt den Raum. Und kommt eine Stunde später zurück. Mit den Geschäftsführern aller beteiligten Firmen. Bevor ich noch den Gedanken beenden kann, wo hat sie die so schnell hergeholt… hatten die sich schon verabredet….?…. höre ich klar und laut ihre Stimme: “Wir haben genug diskutiert und wir haben keine Zeit mehr. Wir geben Euch hier und heute die Gelegenheit, einen gemeinsamen Terminplan fertig zu kriegen. Um 22 Uhr sind wir wieder da!” Die Jungs an ihrer Seite nickten kräftig. Schon waren sie weg. Und hörte ich da richtig? Die Tür wurde abgeschlossen!

Die 120 Tage Differenz waren kein Problem mehr, schnellere Lieferung, Verkürzung der Montage und fertig. Punkt 22 Uhr stand der Plan, breites Gelächter überall, knallende Sektkorken.

Business kann so einfach sein.

 

 

 

 

 

 

Der Stier (Teil II)

Das Excel-Worksheet also. Darum ging es. Die Kollegen hatten mich gewarnt, noch nicht abgeben, das ist unvollständig, wir haben noch nicht alle Daten zusammen. Es ging um eine Aufstellung aller Dokumente, der Masterdokumentenliste. Na toll. Sehr langsam kramte ich weiter herum, immer ein Auge auf den Stier gerichtet.
Der saß da und wartete. Ein rotes Tuch könnte jetzt vielleicht helfen. „Haben Sie einen Stick, Herr äh Stier?“ Meine Güte, so hieß er doch nicht. Aber er hatte. Bitte nicht so schnell. Er kam um den Tisch herum und reichte ihn mir. Cheffe an meiner rechten guckte angestrengt auf sein Handy.  Okay, nun soll es so sein. Ich fand die Datei, kopierte sie auf den Stick und gab ihn weiter an den Stier. Fast gierig steckte er ihn in seinen PC, rief das Programm auf und… erstarrte. Er schaute Cheffe und mich an und dann geschah es. Er knallte rythmisch mit seinem Kopf auf den Tisch und rief immer wieder: „Nein, nein, nein“. Genau im gleichen Takt, in dem er seinen Kopf auf den Tisch haute. Wir verliessen den Raum. Den Stier sahen wir nie wieder.

 

 

 

 

 

 

 

 

Der Stier

Meeting beim Auftraggeber. Schon als er mit schweren Schritten den Raum betrat, breitete sich seine Aggression wie ein Nebel aus, der langsam durch den Raum auf uns zu waberte. Doch keiner konnte in diesem Moment ahnen, dass dieser Mann 4 Stunden später mit seiner Stirn mehrmals auf den Tisch haute.

Sein Händedruck war mehr als kräftig, fast schien es, er wollte einem weh tun, seine Akte liess er laut krachend auf den Konferenztisch fallen. Das typische „Soooo!“ schallte durch den Raum, wir hätten doch sicherlich jede Menge Dokumente und Zeichnungen dabei, die seit Wochen überfällig sind. Er war mittlerweile knallrot, seien Adern pochten, er wirkte wie ein Stier vorm Angriff. In diesem Moment klingelte mein Handy. Aus meiner Zeit mit vielen jungen Kollegen und Kolleginnen habe ich keinen normalen Klingelton mehr, nein, The Doors, Light my Fire, kam laut und präzise über unser kleines Zusammensein. „Prepper, guten Morgen, Ihre Anlage ist fertig!“ Aus den Augenwinkeln beobachtete ich den Stier und war insgeheim froh, das zwischen ihm und mir ein breiter Tisch war. Ich liess mich zurückfallen. Ziemlich lässig. Und führte ein Telefonat über eine reparierte Stereo-Anlage und zu welchem Zeitpunkt sie am besten zurückgebracht werden könnte. Aus den Nasenlöchern des Stiers schien Rauch aufzusteigen. Erst als ich beim Cheffe an meiner rechten Seite eine leichte Unruhe bemerkte, beendete ich das Telefonat.

Die Augen des Stiers waren eindeutig blutunterlaufen. Er verlangte nach einer ganz bestimmten Excel-Liste, die ihm von wem auch immer versprochen und anscheinend überfällig war. Umständlich, hoffend Zeit zu gewinnen, kramte ich auf meinem Laptop und tippte in WinWord in grossen Buchstaben: CHEFFE, DIE IST DOCH GAR NICHT FERTIG. Der, den ich meinte, nickte cool.

Okay, dann gibt es hier und jetzt kein Halten mehr.

 

Fortsetzung folgt…

Pokern

Im Projektalltag ist es üblich, den Status von Vorgängen mit Farben zu kennzeichnen. Grün für alles bestens, gelb für Achtung, hier ist Gefahr in Verzug und rot, dann
wenn die Gefahr da ist. Diese Farbkennzeichnungen werden sehr ernst genommen. Wenn ein Vorgang dann tatsächlich als rot vorgestellt wird, zum Beispiel in einem Projekt-Meeting, dann wird es ernst, dann heben sich die Köpfe aller Anwesenden und schauen ohne Lächeln auf die Anzeige des Beamers. Und hier gilt es dann sehr gute Gründe zu haben, einen Vorgang als rot zu erklären. Sollte der darauf folgende Vortrag dafür nicht ausreichen, kann sich derjenige es kaum leisten, ein zweites Mal mit einem roten Vorgang vorzupreschen. Als zu leicht befunden, gilt er dann als ein Pokerspieler, der gezockt hat, der versucht hat, ohne etwas in der Hand zu haben, das Spiel zu machen und schließlich beim Aufdecken der Karten entlarvt wird. Er wird keine zweite Chance bekommen.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Der Vorgänger

 

Er hatte meine Telefonnummer gegoogelt und rief mich gleich zweimal vor meinem Antritt auf der Baustelle an. Jedes Mal setzte er zu einem Dauerfeuer an Erklärungen über dieses chaotische Projekt an und immerhin beim zweiten Mal konnte ich mich entschuldigen, in einem Meeting zu sein.
Schließlich mein erster Tag, Übergabe des Projektes. Es lief darauf hinaus, das er mir sagte, warum dieses und warum jenes nicht funktioniert. Das ich auf diese Person achten muss und auf jene und hier ein einziges Chaos sei. Und das der andere Kollege, der sich gleich mal hatte krank schreiben lassen, sowieso an allem schuld sei. Wie könne auch ein manisch depressiver Terminplaner einen 30.000 Vorgänge großen Plan entwickeln!
Als ich konkret nachfragte, warum beim letzten Update des Plans eine ganze Reihe der wichtigen Milestone-Termine nach wie vor an der DataLine hängen würden, sagte er, ich solle eine andere Version benutzen.
Auf dem Nachhauseweg bekam ich Kopfschmerzen.